Für die Verbreitung von Fotos des Kindes in digitalen sozialen Medien ist gemäß § 22 KunstUrhG die Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile erforderlich

1. Die Entscheidung über das rechtliche Vorgehen gegen eine unberechtigte Veröffentlichung von Fotos des Kindes im Internet betrifft eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind i.S. des § 1628 BGB.
2. Für die Verbreitung von Fotos des Kindes in digitalen sozialen Medien ist gemäß § 22 KunstUrhG die Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile erforderlich.
3. Die Rechtfertigung der Verwendung von Fotos des Kindes in digitalen sozialen Medien gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) DSGVO erfordert die Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile.
4. Es entspricht gemäß §§ 1628, 1697a BGB regelmäßig dem Kindeswohl am besten, die Entscheidung über das rechtliche Vorgehen gegen eine unberechtigte Veröffentlichung eines Fotos des Kindes im Internet demjenigen Elternteil zu übertragen, der die Gewähr für eine Verhinderung der weiteren Bildverbreitung bietet. Dabei ist allein auf die konkrete rechtswidrige Bildverbreitung abzustellen, so dass es nicht darauf ankommt, ob ein Elternteil in einem anderen Fall eine unrechtmäßige Verbreitung von Fotos des Kindes veranlasst oder zugelassen hat.

I. Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts –
Familiengericht – Düsseldorf vom 28.04.2021 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Beschwerdewert: 2.000 €.
Gründe:
I.
Die Kindeseltern sind getrennt lebende Eheleute. Die elterliche Sorge für ihre 2010
geborenen Töchter L. und N. steht ihnen gemeinsam zu. Die Mädchen leben bei der
Kindesmutter und haben mit dem Kindesvater regelmäßig Umgang. Die Lebensgefährtin
des Kindesvaters, die einen Friseursalon betreibt (im Folgenden: Lebensgefährtin), hat
Fotos der Kinder aufgenommen. Diese hat sie in ihren Facebook-Account und bei
Instagram eingestellt und zur Werbung für ihr Friseurgewerbe verbreitet. Die
Kindesmutter war davon nicht in Kenntnis gesetzt worden. Der Kindesvater hat der
Verbreitung der Bilder in den sozialen Medien zugestimmt. Mit Schreiben und E-Mail vom
18.03.2021 hat die Kindesmutter die Lebensgefährtin aufgefordert, die Fotos
unverzüglich, spätestens bis zum 21.03.2021, von allen Plattformen zu entfernen und
eine beigefügte Unterlassungserklärung bis zum 25.03.2021 unterzeichnet an die
Kindesmutter zurückzusenden. Die Fotos wurden zunächst nicht entfernt. Vielmehr stellte
die Lebensgefährtin weitere Fotos der Kinder in ihre Social-Media-Accounts ein. Die
Kindesmutter forderte den Kindesvater auf, dem Vorgehen gegen die Lebensgefährtin
zuzustimmen, was dieser mit Schreiben vom 24.03.2021 ablehnte.
Das Amtsgericht hat der Kindesmutter auf deren Antrag nach mündlicher Erörterung mit
der Kindesmutter und deren Verfahrensbevollmächtigten sowie der bestellten
Verfahrensbeiständin mit der angefochtenen einstweiligen Anordnung vom 28.04.2021
das Sorgerecht für die beiden Kinder für die außergerichtliche und gerichtliche
Auseinandersetzung mit der Lebensgefährtin wegen der unerlaubten Veröffentlichung und
gewerblichen Verbreitung von Bildern der Kinder im Internet und in den sozialen
Netzwerken übertragen und zur Begründung auf §§ 1628 BGB, 22 KunstUrhG verwiesen.
Die Veröffentlichung der Fotos sei ohne die erforderliche Zustimmung der Kindesmutter
erfolgt. Eine etwaige Zustimmung der Kinder könne die gebotene Zustimmung der beiden
sorgeberechtigten Kindeseltern nicht ersetzen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Kindesvaters, mit der er die Aufhebung des
Beschlusses und die Zurückweisung des Antrags der Kindesmutter begehrt. Der
Kindesvater rügt die Verletzung seines rechtlichen Gehörs. Die Ladung zum Termin vor
dem Amtsgericht habe er wegen Urlaubsabwesenheit erst nachträglich erhalten. In der
Sache gehe es der Kindesmutter nicht um das Kindeswohl, sondern um einen „Kleinkrieg“
mit der Lebensgefährtin. Sie versuche, auf dem Rücken der Kinder Machtspiele
auszuüben. Die Fotos zeigten eine Normalität – die Kinder beim Haareschneiden -, ohne
in irgendeiner Art und Weise deren Persönlichkeit zu verletzen. Die angefochtene
einstweilige Anordnung führe dazu, dass die Lebensgefährtin von den Kindern bis zu
deren Volljährigkeit keine Bilder mehr veröffentlichen dürfe, selbst wenn die Kinder
erneut zustimmten, was lebensfremd wäre und nicht dem heutigen Umgang mit Fotos in
sozialen Medien entspreche. Wegen des Streits um die Veröffentlichung befänden sich die

Kinder in einem Loyalitätskonflikt. Die Kindesmutter ihrerseits habe ohne seine, des
Kindesvaters, Einwilligung Fotos der Kinder in sozialen Netzwerken veröffentlicht, ebenso
die Großmutter mütterlicherseits.
Die Kindesmutter tritt der Beschwerde entgegen und verteidigt – ebenso wie die
Verfahrensbeiständin – die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts.
Nach Erlass der angefochtenen Entscheidung hat die Lebensgefährtin die Fotos der Kinder
von ihrer Webseite und aus den sozialen Medien entfernt.
II.
Die zulässige, insbesondere gemäß § 57 Satz 2 Nr. 1 FamFG statthafte Beschwerde des
Kindesvaters ist unbegründet. Das Amtsgericht hat auf der Grundlage eines nicht zu
beanstandenden Verfahrens zutreffend gemäß §§ 1628 BGB, 49 Abs. 1 FamFG im Wege
der einstweiligen Anordnung die Entscheidung über die außergerichtliche und gerichtliche
Auseinandersetzung mit der Lebensgefährtin wegen der Verbreitung von Bildern der
Kinder im Internet und in den sozialen Netzwerken der Kindesmutter übertragen. Das
Beschwerdevorbringen des Kindesvaters gibt keinen Anlass zu einer abweichenden
Entscheidung.
1. Das Amtsgericht hat die angefochtene einstweilige Anordnung zu Recht auf § 1628
BGB gestützt. Denn die Entscheidung über das rechtliche Vorgehen gegen eine
unberechtigte Veröffentlichung von Fotos des Kindes im Internet betrifft eine
Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind (vgl. OLG Oldenburg, FamRZ
2018, 1517; AG Stolzenau, FamRZ 2018, 35; Johannsen/Henrich/Althammer/Rake,
Familienrecht, 7. Auflage, § 1687 Rn. 13 mwN).
Das öffentliche Teilen der Bilder bei Facebook und bei Instagram und ihre Einstellung auf
der Webseite, um deren rechtliche Abwehr es geht, hat schwer abzuändernde
Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder (zu dieser Voraussetzung für die
Anwendung des § 1628 BGB: BGH, FamRZ 2017, 1057, Rn. 20). Das ergibt sich aus der
Tragweite der Verbreitung von Fotos in digitalen sozialen Medien unter Berücksichtigung
der hiervon betroffenen Privatsphäre der Kinder und des gebotenen Schutzes ihrer
Persönlichkeit. Der Personenkreis, dem die Fotos auf diese Weise zugänglich gemacht
werden, ist unbegrenzt. Ihre Weiterverbreitung ist kaum kontrollierbar. Eine verlässliche
Löschung der Bilder ist nicht möglich (vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 02.11.2016, JAmt
2017, 27, 30). Die Kinder werden mit diesen Abbildungen aus ihrer Kindheitszeit
potenziell für immer seitens eines unbeschränkten Personenkreises konfrontiert sein. Das
tangiert spürbar die Integrität ihrer Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre. Damit ist die
Erheblichkeitsschwelle des § 1628 BGB erreicht.
2. Die Entscheidung ist gemäß §§ 1628, 1697a BGB der Kindesmutter zu übertragen.
a) Entscheidungsmaßstab im Rahmen des § 1628 BGB ist allein das Kindeswohl. Die
Entscheidungsbefugnis ist demjenigen Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag
dem Kindeswohl am besten entspricht (Amend-Traut in: Beck OGK/BGB, Stand:
01.05.2021, § 1628 Rn. 59).
b) Unter Gesichtspunkten des Kindeswohls gibt den Ausschlag für die Kindesmutter, dass
diese im Gegensatz zum Kindesvater die Gewähr für eine Verhinderung der weiteren
Verbreitung von Fotos durch die Lebensgefährtin und damit – bezogen auf diese konkrete
Angelegenheit – für eine dem Gesetz entsprechende Wahrnehmung der Belange der
Kinder bietet. Denn dem Kindeswohl entspricht ein Umgang mit der Verbreitung von
Kinderbildern in digitalen sozialen Medien, der die insoweit einschlägigen – vornehmlich
den Schutz der Persönlichkeit des Kindes bezweckenden – gesetzlichen
Einwilligungserfordernisse respektiert. Daran hat es der Kindesvater fehlen lassen, indem
er es ausdrücklich abgelehnt hat, an der Unterbindung der ohne die erforderliche

Einwilligung auch der Kindesmutter ins Werk gesetzten Verbreitung der Kinderfotos durch
die Lebensgefährtin mitzuwirken. Die Kindesmutter hat rechtliche Schritte gegen die
Lebensgefährtin veranlasst, ist jedoch an ihrer Durchsetzung ohne Mitwirkung des
Kindesvaters rechtlich gehindert, wenn ihr nicht die Entscheidungsbefugnis übertragen
wird.
Das Erfordernis einer Einwilligung auch der Kindesmutter in die Veröffentlichung der
Fotos ergibt sich zum einen aus der Norm des § 22 KunstUrhG. Diese knüpft die
Rechtmäßigkeit der Verbreitung eines Bildes des Kindes jedenfalls an die Einwilligung
beider sorgeberechtigter Elternteile (vgl. BGH, NJW 2005, 56, 57; Dreyer in:
Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch, Urheberrecht, 4. Auflage, § 22 KunstUrhG Rn. 18).
Zum anderen folgt das Einwilligungserfordernis aus Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) DSGVO.
Die Verwendung von Fotografien unterfällt den Gewährleistungen der DSGVO
(MünchKommBGB/Rixecker, BGB, 8. Auflage, Anhang zu § 12 Rn. 156). Der
Rechtfertigungsgrund der Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) DSGVO
erfordert die Einwilligung der sorgeberechtigten Eltern als Träger der elterlichen
Verantwortung (vgl. Kühling/Buchner, DSGVO BDSG, 3. Auflage, Art. 8 DSGVO Rn. 20).
Unerheblich ist der Vortrag des Kindesvaters, die Kindesmutter habe ihrerseits ohne
seine, des Kindesvaters, Einwilligung Fotos der Kinder in sozialen Netzwerken
veröffentlicht und solche Veröffentlichungen durch die Großmutter mütterlicherseits
zugelassen. Denn es kommt für die Entscheidung nach § 1628 BGB allein auf die
konkrete Angelegenheit an, für die die Entscheidungsübertragung begehrt wird, hier also
ausschließlich auf die Verbreitung von Bildern der Kinder durch die Lebensgefährtin und
die deswegen zu führende Auseinandersetzung. Maßgeblich ist mithin allein die konkrete
rechtswidrige Bildverbreitung, für die die Entscheidungsübertragung begehrt wird. Ob ein
Elternteil in einem anderen Fall eine unrechtmäßige Verbreitung eines Fotos des Kindes
veranlasst oder zugelassen hat, spielt dagegen keine Rolle. Nur durch die
Entscheidungsübertragung auf den Elternteil, dessen Einwilligungsrecht in concreto
missachtet worden ist, kann nämlich im Sinne der Kinder sichergestellt werden, dass
diese Missachtung rechtliche Konsequenzen hat und eine Fortsetzung der rechtswidrigen
Verwendung der Kinderfotos unterbleibt. Würde man dagegen im konkreten Einzelfall
eine Entscheidungsübertragung auf den übergangenen Elternteil unter Verweis auf
dessen pflichtwidriges Verhalten in einer anderen vergleichbaren Angelegenheit ablehnen,
bliebe die Rechtswidrigkeit der konkret betroffenen Bildverbreitung folgenlos. Dies
widerspräche dem Kindeswohl, dessen Schutz das Erfordernis der Einwilligung beider
sorgeberechtigter Elternteile dient.
Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Kinder in die Bildveröffentlichung einwilligen.
Eine solche Einwilligung würde nämlich nichts daran ändern, dass die erforderliche
Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile in die Bildverbreitung fehlt.
3. Für die Entscheidungsübertragung besteht ein Rechtsschutzbedürfnis auch in
Ansehung des Umstandes, dass die Lebensgefährtin die Fotos der Kinder nach Erlass der
angefochtenen Entscheidung von ihrer Webseite und aus den sozialen Medien entfernt
hat. Denn es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die
Lebensgefährtin nicht mehr über die entsprechenden Bilddateien verfügt und es künftig
nicht doch wieder zu einer Auseinandersetzung über die verfahrensgegenständliche
Bildveröffentlichung kommen wird. Zum effektiven Schutz der Kinder vor einer weiteren
Verbreitung der Bilder ist die Entscheidungsübertragung daher noch immer geboten.
4. Insoweit besteht auch ein dringendes Regelungsbedürfnis im Sinne des § 49 Abs. 1
FamFG. Es bedarf der sofortigen Einräumung einer Handlungsbefugnis der Kindesmutter,
da es jederzeit zu einer wiederholten Verbreitung der Bilder kommen kann.

5. Schließlich ist auch das Verfahren des Amtsgerichts nicht zu beanstanden.
Eine persönliche Anhörung des Kindesvaters war gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 FamFG nicht
geboten, weil es maßgeblich auf das Faktum der Bildveröffentlichung ohne Zustimmung
der Kindesmutter ankommt und diesbezüglich von einer persönlichen Anhörung des
Kindesvaters keine entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Seine
Würdigung der Sach- und Rechtslage hat der Kindesvater umfassend schriftsätzlich
vortragen lassen.
Gemäß § 159 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 FamFG konnte auch von einer Kindesanhörung
abgesehen werden. Denn entscheidend sind nicht die Neigungen, die Bindungen oder der
Wille der Kinder. Den Ausschlag gibt vielmehr die Rechtswidrigkeit der Bildverbreitung
mangels Zustimmung der Kindesmutter.
III.
Von einer mündlichen Verhandlung hat der Senat gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 FamFG
abgesehen. Weitere persönliche Anhörungen waren aus den unter Punkt II.5.
aufgeführten Gründen nicht erforderlich.
IV.
Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in §§ 51 Abs. 4, 84 FamFG.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 40 Abs. 1, 41, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.
Die Rechtsbeschwerde findet nicht statt, § 70 Abs. 4 FamFG

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